(aus dem Buch “Der Kern des Holo­caust” von Stephan Lehnstaedt) 

Tre­blin­ka war ein Ver­nich­tungslager der SS, errichtet 1942 ca 80 km östlich von Warschau. Wie Belzec und Sobi­bor ent­stand es im Rah­men der „Aktion Rein­hardt”, des größten Mord­pro­gramms inner­halb des Holo­caust, das die Aus­rot­tung aller Juden aus dem beset­zten Polen zum Ziel hatte.

Die meis­ten Opfer kamen in Güterzü­gen nach Tre­blin­ka, zu Hun­derten zusam­menge­drängt in den einzel­nen Wag­gons. Manch­mal trafen jedoch auch gewöhn­liche Per­so­nen­züge ein mit Juden, denen „eine bessere Zukun­ft in einem anderen Teil Polens” ver­sprochen wor­den war.

Auf dem Platz vor dem Bahn­hof­s­ge­bäude mussten die Men­schen ihr Gepäck abstellen. Dann führten bewaffnete Deutsche sie (durch Öff­nun­gen in hohen Stachel­drahtwän­den) zu Barack­en, in denen sie sich „für das Bad” entk­lei­den soll­ten – Män­ner linke Baracke, Frauen und Kinder rechte. Es gibt Berichte darüber, dass es hier, bei der Tren­nung der Män­ner von den Frauen und Kindern, zu herzzer­reißen­den Szenen kam.

Nach dem Entk­lei­den forderte man zuerst die Män­ner auf, den „Schlauch” zu betreten, eine ca 2m bre­ite und 120m lange seitlich ver­bar­rikadierte Allee, die direkt zum „Bade­haus” führte. Auf diesem Weg kamen sie an der „Kasse” vor­bei, einem Bret­ter­häuschen, bei dem sie ihre Papiere, Uhren und Schmuck, Geld und son­stige Wert­sachen abzugeben hatten.

Das „Bade­haus” ähnelte ein­er etwas altertüm­lichen Syn­a­goge. Es war ein ein­stöck­iges Gebäude (18 m bre­it und dop­pelt so lang) mit niedrigem Sat­tel­dach, dessen Giebel ein großer David­stern krönte. Fünf bre­ite Stufen, rechts und links geschmückt mit Blu­men in Keramikschalen, führten hoch zum Ein­gang unter dem Davidstern.

Vor diesem Haus sorgten bru­tale Auf­se­her mit Hun­den und Knüp­peln dafür, dass nie­mand sich wehrte oder davonzu­laufen versuchte.

Die Öff­nung in der Mitte der Haus­front, ober­halb der Stufen, war ver­hängt mit einem dunkel­roten Vorhang. Dieser stammte ver­mut­lich aus ein­er Syn­a­goge, denn er trug eine hebräis­che Inschrift. Es war Psalm 118,20. Dieser Vers heißt in deutsch­er Über­set­zung: „Das ist das Tor des HERRN; die Gerecht­en wer­den dort einziehen…”

Hin­ter dem Vorhang befand sich ein langer Flur mit 5 Türen auf bei­den Seit­en – den Türen zu den „Duschräu­men”. Jed­er dieser Räume war 7x7m groß und hat­te an der Decke Duschköpfe als Attrap­pen. Man zwängte in jeden Raum bis zu 380 Men­schen, ver­schloss dann die Türen luft­dicht und leit­ete die Abgase von einem großen Motor ein. Die Opfer star­ben zum Teil erst nach 20 oder 25 Minuten.

An den Längs­seit­en des Haus­es befan­den sich je fünf hochk­lapp­bare Tore, unter denen man Ram­pen ange­bracht hat­te. Dort holte man die Leichen aus den „Duschräu­men” und fuhr sie zu den bere­its aus­ge­hobe­nen Gräben, wo sie anfangs ver­schar­rt, später aber sofort ver­bran­nt wurden.

Nach den Män­nern kamen die Frauen mit ihren Kindern an die Rei­he. (Allen Frauen hat­te man in der Frauen­baracke die Haare abgeschnitten.)

Die Mord­stätte Tre­blin­ka war Mitte Juli 1942 fer­tiggestellt. Am 22. Juli traf der erste Güterzug mit Juden aus dem Warschauer Ghet­to ein. Bere­its zwei Monate später hat­te man über 250 000 Depor­tierte aus Warschau und anderen Orten ver­gast. Bis zum Herb­st 1943 star­ben in Tre­blin­ka mindes­tens 780 000 Men­schen, die meis­ten von ihnen Juden. Dann löste man das Lager auf.

Ins­ge­samt wur­den in Tre­blin­ka, Belzec und Sobi­bor bis Okto­ber 1943 wahrschein­lich 1,8 Mil­lio­nen Juden ermordet.

Impres­sum

Nach oben